29.08.2024, 19:08
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: Gestern, 13:02 von Nate Vanderbilt.)
Den Abend ausklingen lassen.....
Hardin warf Draco einen flüchtigen, fast dankbaren Blick zu, als dieser sich mühte, Mandy die komplizierten Strukturen und unausgesprochenen Regeln ihrer Welt näherzubringen. Doch bereits im nächsten Moment schüttelte er resigniert den Kopf. "Vergiss es" murmelte er. "Sie wird es nicht verstehen". Es war keine herablassende Bemerkung, sondern eine natürliche Erkenntnis, die Hardin längst verinnerlicht hatte. Weder Faye noch Mandy würden jemals wirklich begreifen können, was es bedeutete, in den Kreisen aufzuwachsen, in denen Draco und er sich bewegten. Die unausgesprochenen Erwartungen, die strengen familiären Strukturen – all das war ihnen fremd, und selbst wenn sie es theoretisch nachvollziehen konnten, würden sie doch niemals das ganze Bild erfassen. Diese Welt war durchdrungen von jahrhundertealten Traditionen und unausweichlichen Verpflichtungen. Die Erwartungen, die an jemanden wie Hardin oder Draco gestellt wurden, waren nicht nur hoch, sie waren absolut. Es ging nicht nur darum, einer Familie Ehre zu machen – es ging um den Schutz einer reinen, makellosen Blutlinie, um den Erhalt einer elitären Gesellschaft, die sich nur dadurch definierte. Für Hardins Eltern, für Dracos Eltern, gab es nichts Wichtigeres. Hardin wusste, dass es nicht logisch war. Er wusste, dass es aus einer anderen Zeit stammte, dass diese Regeln und Überzeugungen längst überholt sein sollten. Doch es änderte nichts an der Realität, in der er lebte. Es war eine Realität, die ihn von den Menschen, die ihm eigentlich nahe sein sollten, trennte, eine unsichtbare Mauer aus Erwartungen und Traditionen, die nur schwer zu durchbrechen war.
Draco warf Hardin einen letzten, vielsagenden Blick zu, bevor er sich erhob und Mandy zu einem anderen Tisch führte. Hardin biss die Zähne zusammen und verfluchte Draco innerlich. Jetzt ließ er ihn mit Faye allein – einer Faye, die ihm nicht einmal einen Blick gönnte, deren stille Wut förmlich in der Luft hing. Auch wenn Faye oft schwer zu durchschauen war, so war ihm doch klar, dass sie sauer war. Ihr Schweigen und die kalte Schulter sprachen Bände. Er wusste, dass sie verärgert war, aber die Gründe dafür waren ihm ein Rätsel. Vorhin hatte sie doch noch gelacht, als er und Mandy sich gegenseitig provozierten. Doch jetzt schien dieser Moment verflogen, und er fühlte sich plötzlich von ihrer Anklage bedrängt. Ehe er sich bremsen konnte, brach es aus ihm heraus, schärfer als beabsichtigt: "Du weißt doch, dass dieses Miststück mich provoziert hat. Was erwartest du jetzt von mir? Soll ich so tun, als könnte ich sie leiden, nur damit du glücklich bist? Sei doch froh, dass ich dir nicht verbiete, mit ihr befreundet zu sein". Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, erkannte Hardin, wie schnell er wieder in Rage geraten war. Er presste die Augen zusammen, atmete tief ein, um sich zu sammeln. Er hasste solche Situationen – sie frustrierten ihn, weil er sich in ihnen nicht auskannte. Streiten konnte er, laut werden, seine Meinung durchsetzen, und wenn alles zu viel wurde, einfach gehen. Aber hier? Hier war alles anders. Hier ging es um mehr, um Dinge, die er nicht verstand, um Gefühle, die ihn überforderten. Als er die Augen wieder öffnete, sah er sie an, und es traf ihn wie ein Schlag. Faye saß vor ihm, die Härte in ihrem Gesicht war verschwunden, stattdessen lag dort eine Verletzlichkeit, mit der Hardin nichts anzufangen wusste. Er wollte sie nicht sehen, wollte diesen Blick nicht deuten müssen, weil es ihn noch mehr verunsicherte. Er wusste nicht, wie man mit so etwas umging, und das brachte seine eigene Frustration zum Kochen. "Okay, vergiss, was ich gesagt habe" begann er leiser, fast entschuldigend. "Das war dumm". Sein Blick blieb an ihrem Gesicht haften, suchte nach einem Anhaltspunkt, irgendetwas, das ihm weiterhalf. Er fuhr sich über das Gesicht, als könnte er so den Ärger und die Unsicherheit wegwischen, und rutschte ein Stück näher zu ihr. "Ich weiß nicht, wie das hier funktioniert" gab er schließlich zu, seine Stimme jetzt ruhiger. "Aber ich versuche es. Dafür musst du aber ehrlich mit mir sein" fügte er hinzu. Seine Augen fixierten sie, und er kämpfte mit sich selbst, widerstand dem Drang, nach ihrer Hand zu greifen. Es fiel ihm schwer, aber er wusste, dass er hier nichts erzwingen konnte. Er war nicht besonders gut darin, die Gefühle anderer zu lesen, aber so dumm war er auch nicht, dass er glaubte, Fayes emotionaler Ausbruch hinge nur mit dem Streit zwischen ihm und Mandy zusammen. Da musste mehr dahinterstecken. "Bitte" fügte er leise hinzu, die Worte fielen ihm schwerer als alles andere. Es kostete ihn große Überwindung, sich so zu zeigen, seine eigenen Mauern bröckeln zu lassen und seine Unsicherheit offen zuzugeben. Noch immer spielte der Gedanke in seinem Kopf, einfach aufzustehen und zu gehen, alles hinter sich zu lassen und darauf zu hoffen, dass Faye sich in ein paar Tagen wieder beruhigt hätte. Das war der Weg, den er kannte, den er gewohnt war – Distanz schaffen, die Situation entgleiten lassen und darauf vertrauen, dass die Dinge sich von selbst regelten.